Werke und Komponisten

Ruth Gipps (1921 - 1999)
Seascape op. 53
für doppeltes Holzbläserquintett
 
Ruth Gipps gehörte zu jener Generation englischer Komponisten, die in den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt wurden. In der von Männern dominierten Musikszene stieß sie jedoch immer wieder auf Vorbehalte, obwohl sie von Zeitgenossen als durchsetzungsfähige, streitbare Musikerin beschrieben wurde. Als Komponistin lehnte sie Zwölftonmusik und Serialismus offen ab und geriet mit dieser Haltung zunehmend in Konflkt mit der damals tonangebenden Nachkriegsmoderne. Dennoch komponierte sie unermüdlich und schuf mehr als 70 Werke, darunter fünf Sinfonien, die sie als ihr Hauptwerk betrachtete, weitere Orchesterwerke, Konzerte, Kammer-, Chor- und Klaviermusik sowie Lieder. Stilistisch steht sie mit ihren schwungvollen Melodien in der Tradition der britischen Spät- und Nachromantik.
Auch als Dirigentin, Lehrerin und Interpretin war sie sehr erfolgreich, denn sie war eine versierte Orchesteroboistin, Englischhornspielerin und eine brillante Pianistin. Sie war ein Multitalent im besten Sinne des Wortes. Sie gründete und leitete das Portia Wind Ensemble, eine Gruppe, die ausschließlich aus Frauen bestand. Seascape wurde für das Portia Wind Ensemble geschrieben und von diesem uraufgeführt.
Seascape ist ein programmatisches Werk, das vermutlich während einer Reise in die Küstenstadt Broadstairs in Kent inspiriert wurde, wo Gipps Vorträge hielt. Über ihren Aufenthalt sagte Gipps: „Ich habe die Nacht in einem Hotel direkt am Strand verbracht. Ich konnte das Meer hören. Ich habe den Klang des Meeres und insbesondere Stürme immer geliebt.“
Das Stück ist für ein doppeltes Bläserquintett und Kontrabass geschrieben, wobei ein Englischhorn anstelle einer zweiten Oboe verwendet wird.
 
Francis Poulenc (1899 - 1963)
Konzert für Orgel, Streicher und Pauke,
g-moll
Das Orgelkonzert von Poulenc ist für Streicher und Pauken (natürlich zusammen mit dem Soloinstrument) geschrieben. Die Tonart ist g-Moll. Es ist das einzige Stück von Poulenc für die Orgel. Es mag verwundern, dass Poulenc der Orgel als Soloinstrument lediglich Streicher und Pauken zur Seite stellt, aber diese Beschränkung ist konsequent, weil die Orgel streckenweise den Part der Blasinstrumente übernimmt. Von seinen anderen Konzerten unterscheidet es sich bereits durch seine formale Anlage.
Das Konzert ist einsätzig, obwohl es innerhalb des einen Satzes verschiedene Abschnitte gibt. Es kennt nicht die dreisätzige Zuordnung, sondern weist eine lockere Reihung auf. Poulenc gibt ihnen sieben unterschiedliche Tempobezeichnungen: Andante - Allegro giocoso - subito Andante Moderato - Tempo Allegro (molto Agitato) - Très Calme. Lento - Tempo de Allegro initial - Tempo Introduction Largo.
Die Orgel verbindet sich mit ihren vielfältigen Möglichkeiten der Registrierung mit dem Orchester, sie präsentiert mächtig und mit leise klingender Solostimme das thematische Material und begnügt sich auch mit einfachen Überleitungen. Sie beginnt majestätisch, begleitet von dem zweiten Soloinstrument, der Pauke. Diese gibt den Takt an. Wenn die Streicher das „Allegro giocoso“ eröffnen, schlägt die  Stimmung vollends um. Das „Andante moderato“ hat einen pastoralen Charakter, und sehr schön lösen sich Soloinstrument und Orchester miteinander ab. Das „Molto agitato“ besitzt Anklänge an das erste Allegro, aber der Ausdruck wirkt jetzt regelrecht wild. Noch einmal tritt eine Beruhigung ein („Très Calme. Lento“), dann verläuft der Schluss des Konzerts spiegelbildlich zum Anfang: Das „Allegro“ weist eine Parallele zum „Allegro giocoso“ des Beginns auf, und das Material der Introduktion bestimmt zuletzt den Ausklang des Konzerts.
Peter Tschaikowski (1840 - 1893)
Sinfonie Nr. 5, e-moll op. 64
Andante - Allegro con anima
Andante cantabile, con alcuna licenza
Valse: Allegro moderato
Finale: Andante maestoso - Allegro vivace (alla breve)
 
Die Symphonie Nr. 5, 1888 innerhalb kurzer Zeit entstanden, gehört heute zu den populärsten Werken Tschaikowskis. Schon die  Uraufführung in St. Petersburg geriet zu einem großen Publikumserfolg. Doch der hochsensible Tschaikowski litt unter Selbstzweifeln und Depressionen. Er hielt seine fünfte Sinfonie für misslungen. Die Auseinandersetzung mit dem „unerbittlichen Schicksal“, das dem Menschen vorherbestimmt ist und gegen das sich aufzulehnen ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen darstellt, ist Thema dieser Sinfonie.
Tschaikowski skizziert zum ersten Satz: „Introduktion. Völlige Ergebung in das Schicksal….. Allegro I. Murren, Zweifel, Klagen, Vorwürfe ..… II. Soll ich mich dem Glauben in die Arme werfen?“ Und weiter unten: „Ein Lichtstrahl? – nein, keine Hoffnung!“ Es artikulieren sich Unsicherheit und seine ständigen Selbstzweifel. Ein musikalischer „Schicksalsgedanke“ durchzieht als „Idée fie“ in unterschiedlichen Varianten die ganze Symphonie.
Der zweite Satz ist eine ergreifende Melodie der Sehnsucht, die menschlich tief zu erschüttern vermag. Ihre vehement verzweifelten Ausbrüche („con desiderio“ und später „con desiderio e passione“ - mit Verlangen und Leidenschaft) werden am Höhepunkt des Satzes durch den brutalen Einsatz des Schicksalsthemas mit Blechbläserfanfaren gestört. Der Satz endet in einer Coda, tränenreich und in tiefer Resignation. Im folgenden Walzer kommt das Schicksalsmotiv ganz zart in Klarinette und Fagott zu Wort, bevor dieser zarte Satz plötzlich und unerwartet im Fortissimo endet. Im vierten Satz wird das Schicksalsmotiv auf dramatischste Weise umgesetzt. Schließlich endet der Satz mit dem Leitmotiv kraftvoll triumphierend und energiegeladen.
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Kommentare: Gerriet Kramer – Viola

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